Wir fahren spät durch die Wildnis, es ist Mitternacht. Die Sterne stehen groß und leuchtend, da wir fast 3.000 Meter hoch sind, und zeigen uns den Weg zu den Santo Domingo Pueblo, um die berühmten Ritual-Tänze in der Kirche zu besichtigen. Die Kewa Santo Domingo Stammes-Leute laden jedes Jahr zum Mitfeiern ein, denn sie tanzen für’s Universum. Im Nebenraum dieser uralten Adobe Kirche stehen Stammesführer zur Begrüßung. Dort gibt’s ein Feuer zum Wärmen und Tische überfüllt mit Köstlichkeiten zum Essen. Kurz vor Sonnenaufgang geht’s los.
Gesang und Trommeln aus der Ferne. Plötzlich betreten fast hundert Tänzer die Kirche, viele davon als Pferde verkleidet Makellos die Choreographie, sie erzählt die Geschichte, wie die Spanier die ersten Pferde auf den Kontinent brachten und wie sie die Menschen unterdrückten. Das Stampfen der Füße, so intensiv, dass die Erde bebt ! Danach kommt die zweite Gruppe. Diesmal wird durch den dramatischen Tanz die Geschichte der historischen Comanchen- Überfälle erzählt. Wieder ein so intensives Erlebnis in dem sehr überfüllten Raum.
Danach, als mein Mann und unsere Freunde langsam die Kirche verlassen, will ich noch kurz die Krippe am Altar anschauen. Ich sehe ein kleines Kind ganz alleine unter Kiefernzweige vom Gebirge, gewickelt wie im Stamm üblich. Ein schönes, friedliches Bild. Plötzlich höre ich eine Stimme hinter mir : „ ‚Gefällt’s Dir? Wir wollten in diesem Jahr was anderes machen?“ Ich drehe mich um und sehe einen der Stammes-Ältesten und frage „ Ja, wie so was anderes?“ Naja, meint er –
„Es ist ein Mädchen!“
Wie bin ich nur in Santa Fe USA gelandet, ganz zu schweigen nach 13 Jahren Berlin? Tja! Ich hatte immer einen Fuß hier und einen Fuß da, zwischen USA und Deutschland schon als Kind. Ich bin eigentlich zweisprachig aufgewachsen. Ich habe auch den Luxus von zwei Staatsbürgerschaften. Und ich wusste nie, in welche Welt ich eigentlich gehöre!
Im Kohlenpott Deutschland’s geboren. Ausgewandert bin ich mit meiner Mutter, als ich zweieinhalb Jahre alt war und nach der langen Überseefahrt mit meinem Vater endlich nach fast einem Jahr wieder vereint. Mein Vater, ein Gewerkschaftsvertreter einer großen Erdölraffinerie im Ruhrgebiet, bekam dort Berufsverbot. Danach nutzte er die Gelegenheit, in die USA auszuwandern, um sein Glück in Flint, Michigan, zu finden, wo er bei der Familie seiner ältesten Schwester lebte. General Motors und die Autoindustrie bescherten dort in den 1950er Jahren einen beispiellosen wirtschaftlichen Aufschwung.
Menschen aller Länder fanden Hoffnung in dieser Zeit, dort wieder neu anzufangen, und sie waren willkommen. Viele Afroamerikaner aus dem Süden kamen schon seit Langem in die Gegend und schufen eine hochqualifizierte, gebildete und professionelle Gemeinschaft. Die Autoindustrie war die Eintrittskarte zur Mittelklasse für sowohl Immigranten als auch für Afroamerikaner.
Es gab auch ein sehr gutes soziales Netzwerk nur für Immigranten. Für mich war es eine schöne interessante multi-kulti Kindheit, so anders von dem, was heutzutage in USA möglich ist. . . Danach kamen die Kuba Krise, das Kennedy-Attentat, die Bürgerrechts-Bewegung, das Martin-Luther King Attentat, Vietnam, die Studenten-, Frauen- und Ökobewegungen, die gewaltsamen Proteste in den Städten und an den Universitäten.
Nach dem Abschluss meines Studiums an der Universität Michigan in Ann Arbor erhielt ich ein sehr großzügiges Austausch Stipendium von der Freien Universität Berlin, um meine Forschungsarbeit über die Medien-Analyse der Nazi-Propaganda weiterzuführen und ich hatte auch die Hoffnung, eine Position als Auslandsjournalistin zu finden.
Ich kam zur Courage durch die erste Sommeruniversität für Frauen. Da ich schon in USA die Ms. Zeitschrift gelesen hatte, war ich sehr erfreut, endlich eine feministische Frauenzeitschrift in Deutschland zu finden und habe mich sofort erkundigt, ob noch Mitarbeiterinnen gebraucht werden.
Die außerordentlich schöne Haustür zur Courage mit der künstlerischen Eisenarbeit hat mich zuerst empfangen. Dann die Treppe hoch durch den stattlichen Flur zum ersten Stock. Eine prächtige Altbauwohnung erwartete mich, voller Aktivität und beschäftigten Frauen, die hin und her wanderten, eilig mit Papieren in Hand. Es war eine spannende Atmosphäre! Und so war es und so blieb es für mich über 5 Jahre.
Die Herausgabe einer Zeitung und das Schreiben waren Dinge, in denen ich bereits schon Erfahrung hatte. In meiner High School in Michigan hatten wir ein Jahr lang einen Kurs, in dem wir eine wöchentliche Zeitung produzierten. Ja, jede Woche für ein Jahr – alles vom Inhalt, Layout, bis zum Druck und Verteilung! An der Uni war ich bei der studentische Tageszeitung - The Michigan Daily (entstanden 1890) in der Werbe /Business Abteilung tätig und auch in der Redaktion. Damals mussten die Drucker noch mit Blei setzen und diese Arbeit konnten wir täglich im Büro beobachten. Im letzten Studiensemester arbeitete ich als Reporterin für die städtische Tageszeitung, wo ich eine von nur drei Frauen war (eine im Bereich Soziales und eine für Religion) in der Nachrichten Redaktion!
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