Foto:Helke Sander
„Und was machst Du jetzt?“, die Malerin Sarah Schumann meinte mein Berufsverbot, das ich wegen meiner Mitgliedschaft in einer trotzkistischen Organisation bekommen hatte. Noch steckte ich mitten in Prozessen. Wieder einmal war ich zwischen die Räder geraten.
Die Zeit war schmerzhaft und versprach von Dauer zu sein. Es war ein Sonntagmorgen und wir liefen um den Grunewaldsee. „Ich gründe eine Zeitschrift“, gab ich zurück. Ein spontaner Einfall, geboren just in diesem Gespräch. Spontane Eingebungen haben mein Leben mehr als einmal geprägt. Und Früchte getragen.
Gesagt – getan. Aus meiner linken Vergangenheit, die mir das Berufsverbot eingebracht hatte, hatte ich die Gewissheit mitgenommen: Jede Bewegung trägt ihre Zeitungen. Sie stammte von dem Wirtschaftstheoretiker Ernest Mandel. Darauf vertraute ich. Immerhin hatte ich innerhalb der Gruppe Internationale Marxisten (GIM) schon einmal eine theoretische Zeitschrift mitverantwortet. Als die GIM mich kritisierte, dass ich nicht genügend Flugblätter vor Fabriken verteilt hätte und mich nicht beteiligt hätte, das Büro zu streichen, und ich deshalb nicht mehr für die internationale Leitungsebene in Frage käme, trat ich aus der GIM aus. Eine gute Entscheidung.
Christa Müller, genannt Chrille, und Monika Schmid verdanke ich meinen Wechsel zur Frauenbewegung. Es war im Frühherbst 1975. Auf einer Bank am Savignyplatz in Berlin klagte ich über die Untätigkeit meiner trotzkistischen Gruppe gegen mein Berufsverbot. Ich wusste nicht weiter. Beide reagierten lakonisch: „Dann komm doch zu uns ins Frauenzentrum.“
Eine Zeitung? Die neue Frauenbewegung der 1970er Jahre brauchte sie, das war mir klar. Mit Betonung auf Zeitung, mit Betonung auf Aktualität. Als Medium gab es bis dahin die „Frauenzeitung“. Das war ein in DIN A 2 gedrucktes, auf DIN A 3 gefaltetes Heft von 10-12 Seiten. Ausgabe für Ausgabe wurde von einem Frauenzentrum in einer anderen Stadt konzipiert und gedruckt. Lokale Ereignisse dominierten, meist solche, die in allen Städten, in denen es Frauenzentren gab, von Bedeutung waren.
Schwangerschaftsberatung, Verhütungsberatung, Gründung von Frauenzentren. Für eine Entwicklung der Diskussion innerhalb der Frauenbewegung, für theoretische Auseinandersetzungen und für die Planung von Aktionen gab es publizistisch noch viel
Luft nach oben, so schien mir.
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