Ich war froh, dass ich raus war! Bis heute trage ich dieses Bild in mir - ich, weinend auf der Treppe im dunklen Hausflur der Courage, neben mir Sigrid, still und nachdenklich.
Draussen auf der Bleibtreustrasse schließe ich kurz die Augen, so sehr blendet mich das Licht. Es fühlt sich an, als hätte ich die vergangenen vier Jahre den Wechsel der Jahreszeiten nicht mitbekommen, als hätte ich nur gearbeitet, Tag und Nacht und überhaupt und immer.
Die Jahre bei der Courage waren meine Lehrzeit, werde ich später sagen, und dass ich mich freute auf ein neues, unbekanntes Leben danach. Es war Frühling, ich war 27, wollte verreisen, andere Länder kennenlernen, Ferien machen, meine Freiheit genießen. Wir schreiben das Jahr 1978, aus den Kneipen tönen die Stones und die Bee Gees, in den Berliner Frauen-WGs singt Joan Armatrading „Show Some Emotion“. Jede Nacht toure ich mit Gudula Lorez durch die Berliner Szene, vom Dschungel am Winterfeldtplatz ins SO36 nach Kreuzberg, überall sind wir zuhause, die Stadt und die Nacht gehört uns, den Frauen, wir trauen uns und trauen uns alles zu.
Eines Tages ruft Cillie an, ob ich bei Tinas Film Aufnahmeleitung machen will. Ich habe keine Ahnung, was das ist, aber ich sage zu. Organisieren kann ich, das hatte ich in der Frauenbewegung gelernt. Auf Tina Perincioli’s Film „Die Macht der Männer ist die Geduld der Frauen“ folgt „Bildnis einer Trinkerin“ von Ulrike Ottinger. Deren visuelles Drehbuch, eine große Kladde, in die sie alles notierte und klebte, was zum Thema passte, macht mir Mut, auch ein Drehbuch zu schreiben. Dass ich für meinen ersten Entwurf „Die Zockerin“ ein Drehbuchstipendium von der Filmförderungsanstalt (FFA) bekam, machte mir Mut, diesen Weg weiterzugehen. . .
courage frauenzeitung
Copyright © 2024 courage frauenzeitung – Alle Rechte vorbehalten.
Powreed by GoDaddy's Mama